Stray don’t Scroll

chase curiosity not feed algorithms

Hast du dich auch schon gefragt, wie darüber entschieden wird, was dein nächster Post/Tweet/Reel in deinem Feed ist?

Die Geschäftsmodelle von Instagram, TikTok, Facebook, YouTube, Snapchat basieren auf der personalisierten Werbung, die sie dir als User:in zeigen. Der soziale Aspekt ist für ihren Unternehmenserfolg nur wichtig, wenn dieser zu Werbeeinnahmen führt, weil die User mehr Zeit auf der Plattform verbringen.

Plattformen, bei denen Millionen von Usern ihre Bilder speichern, Kommentare abgeben und Videos schauen, benötigen eine kostspielige Infrastruktur und hoch entwickelte Programme. Zudem müssen Sie eine gewisse Verantwortung über die Inhalte übernehmen und so auch die Inhalte prüfen. Dies alles kostet viel Geld.

Wenn der Zugang zur Nutzung gratis ist, benötigen die Firmen eine Einnahmequelle, um all die Kosten zu bezahlen, die für den Unterhalt anfallen. Das grösste Gut dieser «Social» Media Plattformen sind ihre User:innen. Sie sammeln alle Daten, welche sie von dir bekommen können und interpretieren sie. Sie bauen ein Profil über dich auf und wissen immer besser über dich Bescheid.

Damit sie dir die bestmögliche Werbung präsentieren können, tracken sie dein Nutzungsverhalten. Sie schauen, wie lange du ein Video oder Post anschaust, wo dein Mauszeiger ist, wann du weitergehst, wonach du suchst, welchen Kanälen du folgst, woher du kommst und wie alt du bist. Dies ist nur eine kleine Auswahl an Dingen, die sie über dich sammeln.

Das getrackte Nutzungsverhalten verkaufen sie an zahlende Werbekunden. Entweder siehst du Werbe-Posts (TikTok) oder siehst vor dem eigentlichen Inhalt eine Werbung (YouTube).

Es gibt bei gewissen Plattformen die Möglichkeit zu bezahlen, statt Werbung anschauen zu müssen. Youtube-Premium beispielsweise. Doch 15 Franken pro Monat sind insbesondere für junge Menschen viel Geld.

MedienWissen2go: Das Problem mit den Algorithmen

Feed, Wall oder Reels

Egal, auf welcher Plattform du bist. Du erhältst aktuelle Posts, welche die Plattform für dich ausgewählt hat, statt dass du selbstständig entschieden hast, was du auf der Plattform machen willst. Du wirst gefüttert, ob du willst oder nicht. Du musst dich aktiv dagegen wehren. Meistens finden sie einen Post, der dich interessiert. Solange du diese Plattformen nutzt, lässt du dich füttern und sie sammeln Daten über dein Interesse und zeigen dir Werbung oder werberische Inhalte. Sie achten darauf, dich bei Stange zu halten.

Die Oberflächen dieser Dienste sind so gestaltet, dass du einfach dich darin verlieren kannst und unzählige weitere Posts ansiehst.

Quote von TikTok-Ads

«Our user interface is optimised for discovery and prioritizes good content over all else, leading to long session times and high engagement.»

Die Kuration der Inhalte übernimmt ein Algorithmus – nicht du. Die Apps können sich unterscheiden, doch das Prinzip ist gleich.

The Social Dilemma

The Next Post

Hast du dich schon mal gefragt, wer oder was entscheidet, welcher Post dir als Nächstes angezeigt wird? Ja? Gut. Die Antwort ist komplex. Schauen wir uns die Grundzüge aus ihrer Business-Logik an.

Die Plattform möchte dir die beste Unterhaltung bieten, damit du möglichst viel Zeit auf ihrer Plattform verbringst. Dadurch verdienen sie ihr Geld. An jeder Werbung, die du siehst, verdienen sie Geld, weil ein Unternehmen dafür bezahlt. Sie nutzen ihr Wissen aus deinem Profil und den gesammelten Daten deines Nutzungsverhaltens und präsentieren dir Posts, welche aus ihrer Sicht am besten auf dich zugeschnitten sind. Sie vergleichen dich mit anderen Usern und zeigen Posts, welche Andere mit einem ähnlichen Profil gemocht, geteilt, angeschaut oder kommentiert haben.

Zudem verkaufen sie dein Profil an den meistbietenden Werbekunden. Diese Werbebörse sowie die Aggregation deiner Nutzungsdaten passiert auf ihren Servern und hinter verschlossenen Türen. Es ist Teil des Geschäftsmodells und das «Geheimrezept» der perfekten Werbeplatzierung.

Marketing

Werbung, besonders digitale Bannerwerbung, möchte niemand ansehen. Es ist die unbeliebteste Werbeform. Marketingabteilungen von Unternehmen und Organisationen verfolgen den rasanten Aufstieg von «Social» Media Plattformen und probieren viele Dinge aus, damit ihre Inhalte nicht als Werbung gelesen werden. Wir haben eine Bannerblindheit entwickelt und übersehen Werbebanner gekonnt.

So posten Sie lieber Inhalte, die nicht als Werbung daherkommen oder keine offizielle Werbung ist. Gleichzeitig baut sich das Geschäftsmodell dieser Plattformen immer weiter aus. Unternehmen haben heute spezielle Profile und werden anders behandelt als «User:innen». Sie müssen für eine gute Reichweite ihrer Inhalte bezahlen, in dem sie ihre Posts als Werbung platzieren müssen.

Influencer:innen

Es gibt auch Menschen, die ihre Bekanntheit nutzen, um Inhalte zu teilen. Wie sie bekannt wurden, ist sehr unterschiedlich. Sie nutzen ihre Bekanntheit, um Produkte (eigene oder andere) zu präsentieren. Dies war auch vor der «Social» Media Zeit so. Damit verdienen sie ihr Geld. Insbesondere Sportler:innen oder Musiker:innen sind auf zusätzliche Einnahmen angewiesen oder vergrössern so ihr Vermögen.

Dieses Konzept nutzen Influencer:innen als Beruf. Sie verdienen Geld mit ihrem Inhalt auf «Social» Media. Zuerst muss man berühmt werden, dann kann man damit Geld verdienen. Es gibt Influencer:innen, die nur für Ruhm und Reichtum ihre Arbeit machen. Andere machen es, weil sie besonders gut in ihrem Gebiet sind.
Influencer:in zu sein benötigt Zeit, Geld und Energie. Die Produktion eines einzelnen Posts wird grösser und die Erwartungen steigen mit der Reichweite. Dies kostet. Somit wird es zu einem Beruf. Influencer müssen also wiederum eine Einnahmequelle finden. Es gibt Community-based Modelle wie Patreon oder Onlyfans, welche die Community direkt bezahlen lassen. Aber es gibt auch Werbung als Einnahmequelle. Unternehmen und auch die Plattformen wissen darum und nutzen Influencer:innen, um ihre Inhalte zu bewerben. Sei es als Werbung vor einem YouTube-Video oder als Produktplatzierung in ihren Posts. YouTube bezahlt Influencer:innen mit genügend Reichweite Geld, wenn ihre Videos (mit Werbung vorab und dazwischen) angeschaut werden.

Geschäftsmodelle wie bei YouTube, bei dem Werbung vor den Videos angezeigt werden, bergen zudem die Chance, dass Kanäle durch ihre Reichweite zu genügend Umsatz kommen. Dies erlaubt, dass sie relativ unabhängig über Dinge berichten können. Ein anschauliches Beispiel hierzu ist der Tech-Gadget Reviewer Marques Brownlee. Er testet Produkte und durch seine Reichweite, mit 18 Millionen Follower:innen, muss er nicht von den Unternehmen der Produkte die er testet bezahlt werden.

Jaron Lanier Fixes the Internet | NYT Opinion

Doomscrolling & Slot-Machine Addiction

Kennst du das Gefühl, wenn du zu lange dich durch diese Feeds gescrollt oder geswipt hast? Es fühlt sich nicht gut an. Zu viel Informationen, die nicht verdaut werden konnten. Zu viele Informationen, Lebenswelten und Ideen. Es hinterlässt psychische Spuren. Doomscrolling nennt sich dies.

Aber du kehrst zurück. Schon bald scrollst du wieder. Auf der Suche nach neuen kurzweiliger Unterhaltung. Es fühlt sich zuerst gut an, weil es wie beim einarmigen Bandit im Casino funktioniert. Der nächste Post könnte Spass machen, interessant sein oder gar wichtig. Diese Erwartung darauf lässt dich weitermachen. Glücklich wird man nicht. Auch nicht, wenn das nächste Video perfekt ist.

Was kannst du dagegen tun?

Dein Einfluss als einzelne Person für eine solch grosse Werbeindustrie ist winzig. Du kannst entscheiden, welche Plattformen du wählst und ob du dafür bezahlst, statt deine persönlichen Daten und deine Zeit für Werbung zur Verfügung zu stellen.

  • Du kannst deine Zeit auf den Plattformen aktiv limitieren.
  • Du kannst politisch versuchen, dir eine Stimme zu verschaffen.
  • Du kannst diese Dienste meiden.
  • Du kannst die Feeds vermeiden und aktiver direkt zur Suche gehen, um deinen Interessen bewusster nachzugehen.
  • Du nennst es «Commercial Media» und bist dir bewusst, dass der soziale Teil woanders im Internet zu finden ist.

Das weiss Netflix über DICH!